Günter
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Lohndumping - Wie Arbeitgeber Gehälter schleifen |
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Dank der Aufweichung der Einschränkungen bei der Leiharbeit durch die Regierungen Schröder und Merkel stehen die Arbeitnehmer vor einem Schwerbenhaufen!
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23.12.2009
Lohndumping
Wie Arbeitgeber Gehälter schleifen
Von Ole Reißmann und Anne Seith
Sie gründen Tochterfirmen, leihen sich Zeitarbeiter oder setzen auf Werkverträge: Immer mehr Unternehmen nutzen legale Winkelzüge, um Tarifvereinbarungen zu umgehen und Löhne zu drücken. Sogar Konzerne in Staatshand bedienen sich der Tricks.
Hamburg - Es geht auch für weniger Geld: Eigentlich bezahlt die Post ihre Briefträger nach Tarif. Doch in Düsseldorf hat sich der ehemalige Staatskonzern vor einigen Jahren eine Billigtochter mit Namen First Mail zugelegt. Deren 190 Mitarbeiter bekommen lediglich den für die Branche vorgeschriebenen Mindestlohn von 9,80 Euro pro Stunde - viel weniger als die Kollegen bei der Post.
Was als Modellprojekt anfing, wird nun kräftig ausgebaut: Die Belegschaft von First Mail soll deutlich aufgestockt werden und dann auch im Ruhrgebiet auf Kundenfang gehen. Allein die Zahl der Auszubildenden wird dem Unternehmen zufolge kommendes Jahr auf mehr als 300 steigen. 2011 sollen sogar 690 neue Zusteller-Lehrlinge eingestellt werden.
Die Post erklärt, mit ihrer Billigtochter wolle sie lediglich Kunden erreichen, die "preissensitiv sind" und der Post ansonsten verlorengingen. "Von Lohn- oder Sozialdumping kann nicht die Rede sein", empört sich ein Sprecher im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Gemäß eines kürzlich erneuerten Vertrags mit der Gewerkschaft Ver.di dürfe der Konzern bis 2011 die hauseigene Zustellung gar nicht auslagern.
Doch diese Ansicht teilen nicht alle: Volker Geyer, der Vorsitzende der Postgewerkschaft DPVKOM, fürchtet dennoch, dass mittelfristig "Stück für Stück" die gesamte Zustellung auf Billigtöchter übertragen werden könnte. Die Angst kommt nicht von ungefähr. Der Brief-Vorstand Jürgen Gerdes drohte kürzlich unverhohlen, dass im Paketbereich bereits die Zustellung für 800 Bezirke "mit großem Erfolg ausgelagert" worden sei. Das könne "auch im Briefbereich funktionieren".
Die Post ist kein Einzelfall. Immer mehr Unternehmen lassen sich Mittel und Wege einfallen, Tarifvereinbarungen zu umgehen und Mitarbeiter billiger einzukaufen.
Auch die Bahn hat damit begonnen, für den heiß umkämpften Regionalverkehr bis zu 30 Tochtergesellschaften zu gründen. Die Strategie sei eingeschlagen worden, um "bei künftigen Ausschreibungen mithalten und Arbeitsplätze bei DB Regio erhalten zu können", verteidigt eine Sprecherin das Vorgehen.
Bislang freilich bestehen die rund 15 bereits gegründeten Tochterfirmen in erster Linie auf dem Papier. Sowohl die Bahn-Gewerkschaften als auch der Konzern selbst kämpfen derzeit für einen allgemeingültigen Branchentarifvertrag, der die Konkurrenzsituation im Regionalverkehr für die Bahn etwas entspannen könnte. Sollte ein solcher für alle Unternehmen gültige Kontrakt allerdings nicht zustande kommen, stellen sich die Arbeitnehmervertreter auf einen harten Kampf ein.
Dass in den Regionaltöchtern der Bahn plötzlich Kollegen für "einen Appel und ein Ei" eingestellt werden, will etwa Claus Weselsky, der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, auf keinen Fall akzeptieren. "Wenn da die ersten Kollegen unter Vertrag genommen werden, wird es wie beim Hase-und-Igel-Spiel sein: Ich bin dann schon da", prophezeit er im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Im Notfall werde dann eben in jeder Gesellschaft für Tariflohn gekämpft. Ähnlich sieht das Reiner Bieck, der zuständige Vorstand der Gewerkschaft Transnet: "Das wäre Tarifflucht", sagt er. Sollte die Bahn damit ernst machen, "wird es Ärger geben".
Schlecker leiht sich Ex-Mitarbeiter zum Spottpreis
Wie geschickt Unternehmen aber vorgehen, wenn es darum geht, die Lohnkosten zu drücken, zeigt das Beispiel Schlecker. Der Drogeriediscounter hat dieses Jahr rund 800 kleinere Läden geschlossen, dafür werden größere XL-Märkte eröffnet. Oft in direkter Nachbarschaft zu den ehemaligen Geschäften. Hunderten Mitarbeitern, die gerade noch Tariflohn bekommen haben, wurde betriebsbedingt gekündigt. Dann wurde ihnen angeboten, in den XL-Märkten tätig zu werden - aber nicht länger für Schlecker, sondern für die Zeitarbeitsfirma Meniar.
Geleitet wird Meniar von einem langjährigen Schlecker-Personalmanager - zahlt nach Angaben der Gewerkschaft aber bis zu 50 Prozent weniger Lohn. Statt rund zwölf Euro nach Tarif, zu dem Schlecker von einem Gericht verdonnert wurde, gebe es für die gleiche Arbeit nur noch 6,50 Euro in der Stunde. Weihnachts- und Urlaubsgeld seien gestrichen, freie Tage auf das gesetzliche Minimum reduziert.
Schlecker erklärt das Vorgehen auf ganz eigene Weise: Bei den von Ver.di kritisierten Fällen handle es sich um ein Modellprojekt "im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort", heißt es aus dem Unternehmen. Schließlich müsse Schlecker seine Wettbewerbsfähigkeit sichern, dazu müssten auch die Personalkosten gesenkt werden.
Andere Unternehmen würden in einer ähnlichen Situation "ohne Zögern zu Massenentlassungen übergehen", fügt das Unternehmen hinzu. Die Drogeriemarktkette dagegen unternehme "die größten Anstrengungen, um wertvolle Arbeitsplätze zu erhalten". Die Teilnahme an dem Modellprojekt sei zudem "rein freiwillig", niemand würde dazu gedrängt, Aufhebungsverträge zu unterschreiben und bei Meniar anzuheuern. Schließlich könnten die Mitarbeiter fortan auch in einen Schlecker-Markt "in der näheren Umgebung" versetzt werden.
Die Gewerkschaft Ver.di findet die Erklärung reichlich absurd. "Das ist staatlich sanktionierte Tarifflucht", sagt Ulrich Dalibor, Handelsexperte bei Ver.di, über die Zustände bei der Drogeriekette. Das Verhalten sei typisch für die Branche, in der auf vielfache Art und Weise versucht werde, Tarifvereinbarungen zu umgehen. Etwa durch den "überbordenden Einsatz von Leiharbeit im Lager oder an der Kasse, der mit dem Ausgleich von saisonalen Schwankungen oder krankheitsbedingten Ausfällen nichts mehr zu tun hat", wie Dalibor erklärt.
Er betrachtet deshalb den Preiskampf der Discounter mit großer Sorge. Eine "relativ neue Mode" im Handel seien etwa "der massenhafte Einsatz von Werkverträgen", kritisiert Dalibor. Oft würden dabei Einzelpersonen zu ungünstigen Bedingungen unter Vertrag genommen, etwa um Regale einzuräumen. Aufgrund solcher Kontrakte würden in der Branche zunehmend "normale Stellen abgebaut".
Arm trotz Arbeit: Wenn der Staat aufstocken muss
Bei Schlecker will Ver.di noch eine weitere üble Praxis ausgemacht haben: Mitarbeiterinnen mit geringem Einkommen seien aufgefordert worden, sich doch vom Staat etwas dazuzuholen. Denn wer nur wenige Stunden im Monat arbeitet oder einen niedrigen Stundenlohn erhält, so dass es nicht zum Leben reicht, kann Hartz IV beantragen. Der Lohn wird dann auf das lebensnotwendige Minimum "aufgestockt".
Schlecker bestreitet, dass es eine entsprechende Vorgabe oder Empfehlung für Führungskräfte gebe. Ohnehin seien von der "Aufstocker'-Thematik" nur "geringfügig Beschäftigte mit sehr niedriger Wochenstundenzahl" betroffen.
Auch damit wäre Schlecker leider kein Einzelfall: Claudia Weinkopf von der Universität Duisburg-Essen glaubt, dass viele Unternehmen die zusätzliche Leistung als willkommenen Anlass sehen, niedrige Löhne zu zahlen. "Ein Drittel der Aufstocker im Westen und noch mehr im Osten verdienen weniger als fünf Euro pro Stunde", sagt die Arbeitsrechtsexpertin. Von einem Tariflohn können diese Arbeitnehmer nur träumen. Bei derart niedrigen Stundenlöhnen liege es nahe, dass manche Unternehmen die Grundsicherung missbrauchten, um die Arbeitskosten zu drücken.
23.12.2009 http://www.spiegel.de/wirtschaft/unterne...,667705,00.html |
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__________________ Liebe Grüße
Günter
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23.12.2009 21:46 |
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Grubendol
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Zitat: |
Original von Günter
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Original von Grubendol
Das ist nicht richtig, mehr als 40% aller Hartz-IV Bescheide, die angefochten werden, gehen vor Gericht baden. Es stimmt also faktisch nicht, dass der Empfänger von staatlichen Transferleistungen rechtlos ist. |
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Richtig, aber von der Verpflichtung eines HartzIV-Empfängers, auch für Hunger- und Ausbeutungslöhne arbeiten zu müssen, kann den Betroffenen auch kein Gericht schützen. |
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Das bestreite ich, der Passus " Hunger- und Ausbeutungslöhne" steht nicht im Gesetz und ist Propaganda, die nicht hilfreich ist, die Schwächen des Gesetzes aufzudecken und zu reformieren.
__________________ "So seid ihr Menschen: Wenn euer Bauch spricht, vergesst ihr den Verstand.
Wenn euer Verstand spricht, vergesst ihr euer Herz.
Und wenn euer Herz spricht, vergesst ihr alles."
- Der Dieb von Bagdad
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"Mir gefällt Ihr Benehmen nicht."
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25.12.2009 15:10 |
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Grubendol
Mitglied
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Beiträge: 20985
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Das bedeutet aber nicht, dass man gegen eine solche "Zuweisung" nicht klagen darf.
Niemand wird eine Frau sperren, die sich aufgrund dieser Meldungen weigert, einen solchen Sklavenvertrag bei Schlecker zu unterschreiben, wenn sie dies auf offiziellem Briefpapier z.B. der VerDi tut.
Das Problem ist nicht Hartz-IV, sondern der ausbeuterische Arbeitgeber, und die Gewerkschaften sind dankbar für jeden Einzelfall, mit dem sie solche Kapitalistenschweine an den Pranger stellen können.
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29.12.2009 11:32 |
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Grubendol
Mitglied
Dabei seit: 06.05.2007
Beiträge: 20985
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Arbeitsrechtler Schüren: "Im Arbeitsrecht sind alle Instrumente vorhanden, um die Strohmann-Zeitarbeitsfirmen wie bei Schlecker auffliegen zu lassen."
Derzeit prüfen die Arbeitsgerichte auch, ob die christlichen Gewerkschaften überhaupt tariffähig sind. In erster und zweiter Instanz haben sie das verneint. "Wenn das Bundesarbeitsgericht das bestätigt, sind die schlimmsten Fehlentwicklungen korrigiert", sagt Schüren. Probleme hätten dann die Firmen, die solche faulen Tarifverträge genutzt haben - sie müssten Sozialversicherungsbeiträge und Löhne nachzahlen. "Die Branche wäre dann wieder einigermaßen sauber", sagt Schüren.
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/543/499816/text/4/ |
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"Sozialversicherungsbeiträge und Löhne nachzahlen" - das klingt gut.
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13.01.2010 15:42 |
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